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Marketing und Vertrieb: zwei Begriffe, die in der Theorie oft zusammen genannt werden, in der Praxis jedoch erstaunlich häufig nebeneinander herlaufen. Während das Marketing Leads generiert, Kampagnen fährt und Zielgruppen definiert, ist der Vertrieb damit beschäftigt, Termine zu machen, Angebote zu schreiben und Abschlüsse zu erzielen. Jeder für sich mit bestem Wissen und Gewissen, aber eben oft ohne echte Abstimmung.
Das Problem dabei: Potenziale bleiben auf der Strecke. Wenn Marketing und Vertrieb nicht miteinander sprechen, entstehen Brüche im Kundenerlebnis. Inhalte treffen nicht den Punkt. Leads versanden. Und am Ende fragt sich jeder, warum der Umsatz nicht steigt, obwohl so viel gearbeitet wurde.
Dabei verfolgen beide Teams eigentlich dasselbe Ziel: Kunden zu gewinnen und zu halten. Der Schlüssel liegt in der Zusammenarbeit, nicht in der Abgrenzung. Denn je besser beide Disziplinen ineinandergreifen, desto größer ist der Effekt auf Abschlussraten, Kundenzufriedenheit und den wirtschaftlichen Erfolg.
In diesem Artikel schauen wir uns an, warum genau diese Zusammenarbeit so häufig scheitert, was erfolgreiche Unternehmen anders machen und wie du es schaffst, Marketingmaßnahmen so zu gestalten, dass sie im Vertrieb wirklich etwas bewegen.
Die klassischen Reibungspunkte zwischen Marketing und Vertrieb
Dass Marketing und Vertrieb sich nicht immer grün sind, ist kein Geheimnis. Die Spannungen zwischen beiden Bereichen sind fast schon Teil der Unternehmenskultur, dabei haben sie meist sehr konkrete Ursachen.
Ein zentraler Punkt ist das unterschiedliche Zielsystem: Das Marketing wird oft an der Anzahl und Qualität der generierten Leads gemessen, der Vertrieb hingegen an Abschlüssen und Umsätzen. Was als guter Lead im Marketing zählt, ist für den Vertrieb nicht unbedingt relevant oder reif genug. Das führt zu Frust auf beiden Seiten: Marketing fühlt sich missverstanden, Vertrieb fühlt sich allein gelassen.
Ein weiteres Problem liegt in der fehlenden Rückkopplung. Oft landen Leads zwar im CRM, aber was dann damit passiert, bleibt unklar. Rückmeldungen, ob ein Lead tatsächlich zum Kunden geworden ist oder warum nicht, erreichen das Marketing selten, und so wiederholen sich Fehler in der Zielgruppenansprache oder im Timing.
Technisch gesehen existieren häufig Brüche zwischen den eingesetzten Tools: Das Marketing arbeitet mit einem E-Mail-Tool und einer Landingpage-Software, der Vertrieb mit einem CRM, das isoliert davon läuft. Daten, die eigentlich wertvoll wären, gehen unterwegs verloren oder werden nie zusammengeführt.
Hinzu kommt das Zwischenmenschliche. In vielen Unternehmen gibt es tief verankerte Vorurteile: Marketing gilt als kreativ, aber realitätsfern. Vertrieb wiederum als pragmatisch, aber nicht strategisch. Solche Stereotype sind nicht nur unfair, sie verhindern auch die dringend nötige Zusammenarbeit auf Augenhöhe. Dabei könnten gerade diese Unterschiede ein Vorteil sein, wenn beide Seiten ihre Stärken zusammenbringen würden.
Warum Maßnahmen im Vertrieb oft verpuffen
Viele Marketingkampagnen sind auf dem Papier ein Erfolg: hohe Öffnungsraten, viele Klicks, zahlreiche Downloads. Und doch bleibt der erhoffte Effekt auf den Vertrieb aus. Keine Anfragen, keine Termine, kein Umsatz. Was ist passiert?
Oft liegt das Problem nicht in der Kampagne selbst, sondern im fehlenden Anschluss. Wenn der Vertrieb nicht rechtzeitig eingebunden wird oder gar nicht weiß, dass eine Kampagne läuft, kann er auch nicht nachfassen. Der Lead bleibt liegen, das Interesse erlischt, und die Gelegenheit ist vertan.
Ein weiteres typisches Szenario: Marketing erstellt ein Whitepaper, veröffentlicht es auf der Website und startet eine E-Mail-Serie. Doch der Vertrieb weiß nichts davon. Er kennt weder die Inhalte noch den Nutzen, kann im Gespräch keine Bezüge herstellen oder auf Rückfragen eingehen. Das Resultat: verpasste Chancen und ein inkonsistenter Auftritt nach außen.
Auch das Timing spielt eine große Rolle. Wenn der Vertrieb erst Wochen nach einer Aktion auf einen Kontakt zugeht, ist der Impuls längst verblasst. Moderne Kunden erwarten schnelle Reaktionen: wer zu spät kommt, verliert.
Schließlich fehlt es oft an einem klar definierten Übergabepunkt: Was genau passiert mit einem Lead, nachdem er konvertiert hat? Wer ist verantwortlich? Gibt es eine Checkliste oder ein Playbook, das den nächsten Schritt regelt? In vielen Fällen: nein. Und so verlaufen vielversprechende Kontakte im Sande, weil Prozesse fehlen oder Verantwortlichkeiten unklar sind.
Das zeigt: Eine starke Kampagne ist nur die halbe Miete. Entscheidend ist, was danach passiert und ob Marketing und Vertrieb wirklich im selben Takt arbeiten.
So sieht echte Abstimmung aus: Marketing als Enabler des Vertriebs
Wenn Marketing und Vertrieb wirklich Hand in Hand arbeiten, entsteht eine ganz andere Dynamik: Das Marketing hört nicht auf, wenn ein Lead generiert wurde … es begleitet den Prozess weiter bis zum Abschluss. Und der Vertrieb sieht das Marketing nicht mehr als Ideengeber im Elfenbeinturm, sondern als Partner, der ihn mit den richtigen Werkzeugen unterstützt.
Zentral dafür ist ein gemeinsames Verständnis der Zielgruppen und der Customer Journey. Bereits beim Kampagnenstart sollte klar sein, welche Probleme potenzielle Kunden haben, wie man sie adressiert und wie der Vertrieb diese Argumentation später aufgreifen kann. Inhalte und Gesprächsleitfäden müssen aufeinander abgestimmt sein.
Lead-Scoring ist ein weiteres wichtiges Instrument: Gemeinsam definierte Kriterien helfen dabei, zwischen „interessiert“ und „kaufbereit“ zu unterscheiden. So bekommt der Vertrieb genau die Leads, die reif für den nächsten Schritt sind und keine Liste mit unqualifizierten Kontakten.
Auch das Vertriebsfeedback sollte systematisch eingeholt und ausgewertet werden. Welche Inhalte funktionieren im Gespräch? Welche Fragen tauchen immer wieder auf? Daraus kann das Marketing ableiten, welche Materialien fehlen und gezielt neue Inhalte erstellen, die dem Vertrieb wirklich helfen.
Denn oft braucht der Vertrieb nicht noch mehr Imagebroschüren oder Kampagnenmails, sondern praxisnahe Formate: Angebotsvorlagen, Einwandbehandlungen, kurze Argumentationspapiere, die im Kundengespräch wirklich nützen.
Wenn Marketing in dieser Weise zum Enabler wird, verschieben sich die Rollen: Vom reinen Leadgenerator hin zum echten Partner im Verkaufsprozess, mit spürbarem Effekt auf die Abschlussquote.
Gemeinsame Prozesse etablieren
Gute Zusammenarbeit entsteht nicht durch Zufall. Sie braucht klare Strukturen, regelmäßigen Austausch und verbindliche Absprachen. Wer Marketing und Vertrieb enger verzahnen will, muss dafür sorgen, dass beide Bereiche gemeinsame Prozesse entwickeln und diese auch konsequent leben.
Ein erster Schritt ist ein regelmäßiger Austausch: Ein fester Jour Fixe, in dem aktuelle Kampagnen, geplante Aktionen und Vertriebserfahrungen offen besprochen werden, hilft Missverständnisse zu vermeiden und gegenseitiges Verständnis aufzubauen. Hier entsteht die Basis für echte Zusammenarbeit, jenseits von Excel-Tabellen und KPI-Dashboards.
Ebenso wichtig ist ein gemeinsames Zielsystem. Beide Teams sollten wissen, worauf sie hinarbeiten und wie Erfolg gemessen wird. Dazu gehört zum Beispiel ein gemeinsames KPI-Board, das nicht nur die Anzahl der generierten Leads zeigt, sondern auch, wie viele daraus tatsächlich Kunden werden. So wird klar, dass Marketing und Vertrieb nicht zwei getrennte Erfolgskurven haben, sondern eine gemeinsame.
Entscheidend ist auch die Definition von Übergabepunkten: Ab wann gilt ein Lead als „vertriebsreif“? Welche Informationen müssen vorliegen, damit der Vertrieb übernehmen kann? Wer ist für welchen Schritt im Prozess verantwortlich? Solche Fragen müssen klar beantwortet sein, am besten in Form von Playbooks oder Checklisten, die für alle zugänglich sind.
Ein funktionierender Prozess ist nie in Stein gemeißelt. Er muss regelmäßig überprüft und angepasst werden. Nur so lässt sich sicherstellen, dass Marketing und Vertrieb nicht nur gemeinsam starten, sondern auch gemeinsam zum Ziel kommen.
Tools & Techniken für bessere Zusammenarbeit
Die besten Prozesse nützen wenig, wenn die technischen Grundlagen fehlen. Gerade im Zusammenspiel von Marketing und Vertrieb kommt es darauf an, dass Informationen nahtlos fließen … vom ersten Websitebesuch bis zum unterschriebenen Auftrag. Moderne Tools können hier viel bewirken, wenn sie gezielt eingesetzt und richtig verbunden werden.
Ein zentraler Punkt ist die Integration von CRM- und Marketing-Automation-Systemen. Nur wenn beide Systeme miteinander kommunizieren, kann der Vertrieb nachvollziehen, welche Kontakte welche Inhalte gesehen, geöffnet oder heruntergeladen haben, und das Marketing kann verfolgen, wie sich diese Kontakte anschließend im Sales Funnel entwickeln. Plattformen wie HubSpot, Salesforce, Pipedrive oder ActiveCampaign bieten bereits viele Möglichkeiten zur Integration, doch auch kleinere Tools lassen sich über Schnittstellen oder Automatisierungsdienste wie Zapier oder Make verknüpfen.
Daten sind das Rückgrat einer guten Zusammenarbeit. Wichtig ist, dass beide Teams Zugriff auf dieselben Informationen haben, idealerweise in einem gemeinsamen Dashboard. Wer hat wann welches Whitepaper heruntergeladen? Welche E-Mail wurde geöffnet? Welche Inhalte haben zur Terminbuchung geführt? Solche Fragen lassen sich heute präzise beantworten, wenn die Systeme sauber miteinander arbeiten.
Auch bei der Content-Nutzung helfen digitale Tools. Plattformen wie Showpad, Notion oder Confluence ermöglichen es, Vertriebsunterlagen zentral zu verwalten, zu aktualisieren und mit Kommentaren zu versehen. So ist sichergestellt, dass der Vertrieb nicht mit veralteten PDFs arbeitet und das Marketing direkt erfährt, welche Materialien gut funktionieren.
Technik allein ist kein Allheilmittel. Aber sie schafft die Voraussetzung dafür, dass Marketing und Vertrieb sich nicht im Tool-Dschungel verlieren, und gemeinsam schneller zum Ziel kommen.
Best Practices
Theorie ist gut, aber was wirklich überzeugt, sind Beispiele aus der Praxis. Denn sie zeigen, dass die Verzahnung von Marketing und Vertrieb nicht nur möglich ist, sondern messbare Ergebnisse bringt. Hier drei konkrete Ansätze, die sich in unterschiedlichen Unternehmen bewährt haben:
Beispiel 1: Kampagnen mit integriertem Vertriebsbriefing
Ein mittelständisches IT-Unternehmen plante eine neue Leadkampagne zum Thema Cybersecurity. Noch bevor die erste Mail verschickt wurde, saßen Marketing und Vertrieb gemeinsam am Tisch. Der Vertrieb erhielt ein kompaktes Briefing zur Kampagnenidee, zu den Kernaussagen und zur Zielgruppe. Zusätzlich gab es ein Argumentationspapier und eine Vorlage für die persönliche Nachfass-Mail. Ergebnis: Die Abschlussquote bei den qualifizierten Leads lag deutlich über dem bisherigen Durchschnitt, weil die Übergabe nahtlos und abgestimmt erfolgte.
Beispiel 2: Whitepaper plus Vertriebsimpuls
Ein Maschinenbauunternehmen stellte ein neues Whitepaper zum Thema „Energieeffizienz in der Produktion“ online. Statt das Dokument einfach nur zum Download anzubieten, wurde parallel ein Vertriebsimpuls eingebaut: Jeder Download löste eine automatische Benachrichtigung aus, inklusive kurzer Kundenhistorie. Der zuständige Vertriebsmitarbeiter erhielt damit nicht nur den Kontakt, sondern auch Hinweise für einen Gesprächseinstieg. Die Resonanz war so positiv, dass das Modell auf andere Inhalte ausgeweitet wurde.
Beispiel 3: Feedback-Schleifen für besseren Content
Ein B2B-Dienstleister etablierte ein monatliches „Content-Feedback-Meeting“, in dem Vertrieb und Marketing gemeinsam ausgewertet haben, welche Inhalte im Kundengespräch hilfreich waren und welche nicht. Auf dieser Basis entstanden gezielte Neuerstellungen und Anpassungen. Innerhalb eines halben Jahres entwickelte sich so ein Content-Pool, der nicht nur gut aussah, sondern aktiv im Verkaufsprozess genutzt wurde.
Diese Beispiele zeigen: Wenn Marketing und Vertrieb eng zusammenarbeiten, entstehen nicht nur bessere Inhalte, sondern auch bessere Ergebnisse. Der Aufwand lohnt sich und lässt sich mit einfachen Mitteln umsetzen.
TL;DR | Gemeinsamer Erfolg statt Schuldzuweisungen
Marketing und Vertrieb haben lange genug mit dem Finger aufeinander gezeigt: „Die Leads sind schlecht.“, „Der Vertrieb nutzt unsere Inhalte nicht.“, „Wir machen unseren Job, aber die anderen …“ Dieses Denken bringt niemanden weiter. Es kostet Zeit, Energie und vor allem: Potenzial.
Wer ernsthaft bessere Ergebnisse erzielen will, muss das Silodenken hinter sich lassen. Denn am Ende geht es beiden Teams um dasselbe: Kunden gewinnen, binden und zufriedenstellen. Der Weg dorthin führt nicht über Schuldzuweisungen, vielmehr über Zusammenarbeit … strukturiert, regelmäßig und auf Augenhöhe.
Die Erfahrung zeigt: Wenn beide Bereiche sich aufeinander einlassen, Prozesse gemeinsam entwickeln und Werkzeuge sinnvoll nutzen, entsteht etwas, das weit mehr ist als die Summe seiner Teile. Dann wird Marketing zum Verstärker des Vertriebs, und der Vertrieb zum Resonanzraum des Marketings.
Der Erfolg gibt dieser Haltung recht: höhere Abschlussquoten, effizientere Kampagnen, weniger Reibungsverluste. Und ganz nebenbei entsteht eine Unternehmenskultur, in der nicht gegeneinander gearbeitet wird, sondern miteinander. Die Frage ist also nicht, ob man Marketing und Vertrieb verzahnen sollte. Sondern: Wann du damit beginnst.