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Marketing gilt in vielen kleinen und mittleren Unternehmen noch immer als eine Mischung aus Bauchgefühl, Kreativität und Hoffnung. Man investiert in Maßnahmen, weil es “die Konkurrenz auch macht” oder weil man „mal wieder etwas für die Sichtbarkeit tun sollte“. Doch ohne zu wissen, was wirklich wirkt, und was nicht, wird Marketing schnell zum Fass ohne Boden.
Gerade Unternehmer, die Verantwortung für Budgets, Wachstum und strategische Ausrichtung tragen, brauchen eine klare Sicht auf die Zahlen hinter dem Marketing. Denn Kennzahlen helfen nicht nur beim Nachrechnen, sondern vor allem beim Steuern. Sie zeigen, wo sich der Einsatz lohnt, wo Ressourcen verschwendet werden und wo man vielleicht mehr Potenzial hätte, als gedacht.
Dabei geht es nicht darum, jede einzelne KPI in Echtzeit zu überwachen oder selbst tief in Datenanalysen einzusteigen. Vielmehr geht es um ein solides Grundverständnis: Welche Zahlen zählen wirklich? Welche Zusammenhänge sind entscheidend? Und wie kann man aus Daten konkrete Entscheidungen ableiten?
Wer Marketing als Investition versteht, braucht auch Kriterien für die Bewertung dieses Investments. Genau darum geht es in diesem Kapitel: Um die Zahlen, die du als Unternehmer kennen solltest … verständlich, kompakt und mit direktem Praxisbezug.
Was Marketing-Controlling eigentlich bedeutet
Marketing-Controlling ist kein Kontrollinstrument im klassischen Sinne – es ist ein Steuerungsinstrument. Es geht nicht darum, dem Marketingteam auf die Finger zu schauen, sondern darum, Transparenz zu schaffen: über Wirkung, Wirtschaftlichkeit und Entwicklung von Maßnahmen, Kampagnen oder Kanälen.
Im Kern verbindet Marketing-Controlling zwei Welten: die kreative, oft dynamische Welt der Kommunikation mit der rationalen, zahlengetriebenen Perspektive der Unternehmenssteuerung. Es hilft dabei, Entscheidungen datenbasiert zu treffen, statt auf Bauchgefühl oder Gewohnheit.
Dazu braucht es klare Ziele, messbare Kennzahlen und regelmäßige Auswertungen. Nur wer weiß, welche Zielgruppe er wie effizient erreicht, wie viel ein Lead oder eine Conversion kostet oder welche Kanäle tatsächlich zum Umsatz beitragen, kann Budgets sinnvoll einsetzen.
Marketing-Controlling bedeutet also nicht, jede Maßnahme im Detail zu zerlegen. Es geht darum, das große Ganze im Blick zu behalten und die richtigen Fragen zu stellen: Welche Kampagnen zahlen wirklich auf meine Geschäftsziele ein? Wie verändert sich die Qualität meiner Leads? Welche Maßnahmen bringen kurzfristigen Erfolg und welche zahlen auf langfristige Markenwirkung ein?
Richtig eingesetzt, wird Marketing-Controlling zum Navigationssystem für unternehmerisches Wachstum. Es hilft dabei, nicht nur schneller, sondern auch sicherer ans Ziel zu kommen.
Von Bauchgefühl zu belastbaren Entscheidungen
Viele unternehmerische Entscheidungen im Marketing werden noch immer aus dem Bauch heraus getroffen, weil es schnell gehen muss, weil Erfahrungswerte vorliegen oder weil „es schon immer so gemacht wurde“. Doch in einer zunehmend datengetriebenen Welt reicht Intuition allein nicht mehr aus. Wer dauerhaft wirksam und wirtschaftlich agieren will, braucht eine belastbare Grundlage.
Marketing-Controlling hilft dabei, aus Vermutungen Wissen zu machen. Es zeigt auf, welche Kanäle wirklich funktionieren, wo Streuverluste entstehen und an welchen Stellen es Optimierungspotenzial gibt. So lassen sich Entscheidungen nicht nur rechtfertigen, sondern vor allem besser treffen, da sie auf Fakten basieren.
Ein einfaches Beispiel: Wenn du weißt, dass 70 % deiner qualifizierten Leads über eine bestimmte Kampagne oder Plattform kommen, und andere kaum Ergebnisse liefern, kannst du dein Budget gezielt dorthin lenken, wo es tatsächlich Wirkung entfaltet. Du musst nicht mehr raten, du kannst handeln.
Der Wandel vom Bauchgefühl zur datenbasierten Entscheidungskultur ist kein Kontrollverlust. Im Gegenteil: Er stärkt das unternehmerische Selbstvertrauen, weil Entscheidungen nachvollziehbar und messbar werden. Und er entlastet, weil du dich auf Zahlen verlassen kannst, statt alles ständig neu zu hinterfragen.
Marketing ist kein Glücksspiel. Aber es fühlt sich oft so an, wenn die richtigen Kennzahlen fehlen. Marketing-Controlling macht aus einem unsicheren Terrain ein planbares Feld und gibt dir als Unternehmer die Übersicht zurück.
Die wichtigsten Kennzahlen im Überblick
Marketing-Controlling muss nicht kompliziert sein, aber es muss die richtigen Fragen beantworten. Welche Kampagnen bringen wirklich Leads? Wie viel kostet mich ein neuer Kunde? Und wie gut performt mein Vertrieb? Die Antworten darauf liefern dir eine Handvoll zentraler Kennzahlen, die du als Unternehmer im Blick haben solltest – unabhängig davon, ob du dein Marketing selbst steuerst oder delegierst.
- Cost per Lead (CPL): Der CPL zeigt, wie viel dich ein einzelner neuer Kontakt (Lead) im Schnitt kostet, etwa durch eine Kampagne auf LinkedIn, eine Google Ads-Anzeige oder ein Whitepaper-Download. Er hilft dir zu erkennen, ob sich deine Investitionen lohnen und welche Maßnahmen besonders effizient sind.
- Conversion Rate (CR): Diese Kennzahl misst, wie viele deiner Besucher, Leser oder Leads tatsächlich eine gewünschte Aktion ausführen, z.B. einen Kauf, eine Anmeldung oder eine Terminbuchung. Sie zeigt dir, wie gut dein Marketing nicht nur Aufmerksamkeit erzeugt, sondern auch zum Handeln motiviert.
- Customer Acquisition Cost (CAC): Der CAC geht einen Schritt weiter als der CPL, denn er beziffert die Gesamtkosten, die notwendig sind, um einen neuen Kunden zu gewinnen, inklusive Marketing- und Vertriebskosten. So kannst du den finanziellen Aufwand für Neukundengewinnung realistisch einschätzen.
- Customer Lifetime Value (CLV): Wie viel Umsatz bringt dir ein Kunde im Laufe der Zeit? Der CLV setzt die langfristige Kundenbeziehung ins Verhältnis zu den einmaligen Akquisekosten. Das ist besonders wichtig, wenn du wiederkehrende Geschäfte machst, z.B. mit Wartungsverträgen, Abo-Modellen oder projektbasierten Folgeaufträgen.
- Marketing Return on Investment (MROI): Der MROI zeigt dir, wie viel Gewinn du im Verhältnis zu deinen Marketingausgaben erzielst. Eine Kennzahl, die oft stiefmütterlich behandelt wird, dabei ist sie entscheidend, wenn du Budgets priorisieren und skalieren willst.
- Pipeline-Wachstum und Sales-Qualified Leads (SQLs): Wenn Marketing und Vertrieb gut zusammenspielen, steigen nicht nur die Leadzahlen, sondern auch die Qualität. SQLs sind jene Kontakte, die reif für den Vertrieb sind. Das Wachstum deiner Vertriebspipeline zeigt dir, ob du auf dem richtigen Kurs bist.
- Website-Traffic & Engagement: Natürlich darf auch der Blick auf die eigene Website nicht fehlen. Wie viele Besucher kommen, wie lange bleiben sie, welche Inhalte funktionieren? Auch das hilft dir zu verstehen, wo dein Marketing zieht und wo noch Luft nach oben ist.
Diese Kennzahlen sind kein Selbstzweck. Sie sind Werkzeuge, um Klarheit zu schaffen, Entscheidungen zu fundieren und dein Marketing zielgerichtet weiterzuentwickeln. Wer sie versteht und regelmäßig nutzt, macht sich unabhängig von Bauchgefühl, Agenturversprechen oder kurzfristigen Moden und steuert sein Unternehmen auf Sicht.
Welche Kennzahlen du wirklich brauchst
Nicht jede Kennzahl ist immer relevant. Marketing-Controlling ist kein Zahlenspiel, sondern eine Entscheidungshilfe. Deshalb geht es nicht darum, möglichst viele Metriken zu sammeln, sondern die richtigen, zur richtigen Zeit. Denn ob du eine neue Kampagne bewertest, das gesamte Marketing optimierst oder deinen Vertrieb stärken willst: Der Fokus verschiebt sich je nach Zielsetzung.
In der Startphase: Effizienz und Reichweite im Blick behalten
Wenn du gerade erst mit systematischem Marketing beginnst oder eine neue Maßnahme testest, brauchst du Orientierung. In dieser Phase helfen dir einfache KPIs wie:
- Reichweite (z. B. Seitenaufrufe, Impressions auf Social Media)
- Klickrate (CTR), also wie viele Menschen auf deine Inhalte reagieren
- Cost per Lead (CPL), um die Wirtschaftlichkeit erster Maßnahmen zu prüfen
Diese Zahlen zeigen dir, ob deine Inhalte überhaupt gesehen werden und ob sie Interesse wecken.
In der Wachstumsphase: Qualität und Pipeline-Relevanz messen
Sobald erste Ergebnisse kommen, geht es um Qualität. Du willst wissen, wie aus Kontakten Kunden werden und ob dein Vertrieb genügend Futter hat. Jetzt brauchst du:
- Conversion Rates entlang der Customer Journey
- Anzahl und Qualität der Leads, etwa Marketing Qualified Leads (MQLs) oder Sales Qualified Leads (SQLs)
- Pipeline-Wachstum und Deal-Wert, also wie viele Anfragen wirklich beim Vertrieb landen
In dieser Phase zeigen dir die Kennzahlen, ob dein Marketing zur richtigen Zielgruppe durchdringt und deinem Vertrieb Arbeit abnimmt, statt nur Aufmerksamkeit zu erzeugen.
In der Reifephase: Rentabilität und Skalierung steuern
Wenn dein Marketing läuft, stellt sich die zentrale Frage: Lohnt sich der Aufwand? Dann brauchst du KPIs, die den wirtschaftlichen Erfolg messbar machen:
- Customer Acquisition Cost (CAC) im Verhältnis zum Customer Lifetime Value (CLV)
- Marketing-ROI (MROI), also der Return on Investment
- Kampagnenvergleich, also welche Maßnahmen den größten Hebel bringen
Hier triffst du strategische Entscheidungen: Wo lohnt sich ein höheres Budget? Welche Kanäle skalierst du? Welche Maßnahmen stellst du ein?
Kennzahlen sind kein Selbstzweck, vielmehr sind sie ein Werkzeug. Wer die richtigen Zahlen zur richtigen Zeit nutzt, trifft bessere Entscheidungen. Dabei gilt: Lieber wenige Kennzahlen gut verstehen als viele nur halb. Und lieber regelmäßig kleine Auswertungen machen als einmal im Jahr ein großes Zahlenpaket ohne Handlungskonsequenz.
Tools und Dashboards: Wie du den Überblick behältst
Kennzahlen sind nur dann hilfreich, wenn du sie im Blick hast: regelmäßig, verständlich und auf den Punkt. Genau hier kommen Tools und Dashboards ins Spiel. Sie helfen dir, aus Daten Erkenntnisse zu machen und fundierte Entscheidungen zu treffen. Der Schlüssel liegt nicht in der Menge der Daten, sondern in ihrer Visualisierung und Nutzbarkeit.
Was ein gutes Dashboard leisten muss
Ein gutes Dashboard zeigt dir auf einen Blick, was wichtig ist, ohne dass du dich durch Excel-Tabellen kämpfen musst. Es beantwortet Fragen wie:
- Läuft die aktuelle Kampagne besser oder schlechter als geplant?
- Wie entwickeln sich Leads, Umsatz oder Conversion Rates im Zeitverlauf?
- Wo weichen Ist-Zahlen von deinen Zielen ab – und warum?
Dabei gilt: Weniger ist mehr. Fokussiere dich auf die Kennzahlen, die zu deinen aktuellen Zielen passen. Ein überfrachtetes Dashboard erzeugt nur Verwirrung und kein Vertrauen.
Welche Tools sich lohnen – für Einsteiger und Fortgeschrittene
Für den Einstieg reichen oft einfache Lösungen. Viele CRM-Systeme wie HubSpot, Zoho oder Pipedrive bieten integrierte Berichte und Visualisierungen. Auch E-Mail-Tools wie Mailchimp oder Brevo liefern solide Performance-Kennzahlen.
Wer mehr will, greift zu spezialisierten Tools wie:
- Google Looker Studio (ehemals Data Studio): Kostenlos, flexibel und ideal zur Verknüpfung unterschiedlicher Datenquellen.
- Klipfolio oder Databox: Ideal für KMU, um Marketing-KPIs übersichtlich darzustellen.
- Power BI oder Tableau: Für Unternehmen mit vielen Datenquellen und tieferem Analysebedarf.
Wichtig ist: Die Tools müssen zu deinem Team, deinem Datenstand und deinem Zielsystem passen, nicht umgekehrt.
Automatisierung spart Zeit und Nerven
Je mehr du manuell auswertest, desto höher ist die Fehleranfälligkeit, und desto seltener schaust du wirklich hin. Deshalb lohnt es sich, einmal Zeit in ein automatisiertes Dashboard zu investieren. Daten aus CRM, Website, Social Media oder Werbeanzeigen lassen sich per Schnittstelle zusammenführen. Damit erhältst du einen konsistenten Überblick, ohne jeden Montag Tabellen zu kopieren.
Ein Dashboard ersetzt kein Denken, aber es schafft Klarheit. Es hilft dir, Muster zu erkennen, Entwicklungen früh zu sehen und Budgets gezielter einzusetzen. Und vor allem: Es macht Marketing messbar, so wie es sein sollte.
Warnsignale erkennen: Was dir deine Zahlen sagen wollen
Kennzahlen sind mehr als ein Reporting-Instrument, denn sie sind dein Frühwarnsystem. Wenn du sie regelmäßig überprüfst, zeigen sie dir rechtzeitig, wo etwas aus dem Ruder läuft. Doch dazu musst du nicht nur Zahlen sammeln, sondern auch lernen, sie richtig zu lesen. Denn nicht jede Abweichung ist kritisch, aber manche solltest du ernst nehmen, bevor sie richtig teuer werden.
Sinkende Reichweiten, steigende Kosten: Was steckt dahinter?
Wenn deine Werbekampagnen plötzlich deutlich mehr kosten, ohne dass sich Leads oder Conversions erhöhen, ist das ein klares Warnsignal. Hier stimmt entweder die Zielgruppenansprache nicht mehr, die Anzeige verliert an Relevanz oder die Konkurrenz hat stärker investiert. In jedem Fall: reagieren, nicht ignorieren.
Viele Klicks, wenig Anfragen? Dann stimmt was mit dem Content nicht.
Ein weiterer Klassiker: Die Besucherzahlen steigen, aber die Conversion Rate fällt. Das kann bedeuten, dass die Erwartungen aus der Anzeige auf der Zielseite nicht erfüllt werden. Oder dass die Call-to-Actions unklar oder zu versteckt sind. Auch technisches Tracking kann fehlerhaft sein. Ein prüfender Blick lohnt sich immer.
Wenn Kunden plötzlich seltener kaufen
Ob du im B2C oder B2B unterwegs bist: wenn Bestandskunden länger brauchen, um erneut zu kaufen, ist das ein Alarmzeichen. Vielleicht fehlt ein Impuls. Vielleicht sind Mitbewerber aktiver geworden. Oder dein Produktportfolio hat Lücken bekommen. Die richtigen KPIs, z. B. Wiederkaufrate oder Customer Lifetime Value, helfen dir, solche Veränderungen frühzeitig zu bemerken.
Vergiss nicht den Blick aufs Ganze
Manche Kennzahlen lassen sich nur im Kontext richtig beurteilen. Ein kurzzeitiger Rückgang der Leads ist vielleicht saisonal bedingt oder eine bewusste Entscheidung, um die Qualität zu erhöhen. Wichtig ist, dass du dir Vergleichswerte schaffst: zu früheren Zeiträumen, zu Benchmarks oder zu deinen eigenen Zielen.
Kennzahlen sind nicht nur Erfolgsmesser, sondern sie sprechen mit dir. Wenn du lernst, auf sie zu hören, kannst du früh gegensteuern, statt später hinterherzulaufen. Wer seine Zahlen kennt, hat die besseren Karten, gerade wenn es mal nicht nach Plan läuft.
TL;DR | Klarheit durch Kennzahlen, ohne dich zu verzetteln
Marketing-Controlling ist kein Selbstzweck und keine Wissenschaft für Spezialisten. Es ist ein Werkzeug für Unternehmer, um mit klarem Blick zu steuern, statt auf Gefühl oder Hoffnung zu setzen. Wer weiß, welche Zahlen wirklich zählen (und sie regelmäßig im Blick behält) kann bessere Entscheidungen treffen, schneller gegensteuern und Erfolge nachvollziehbar machen.
Wichtig ist dabei: Es geht nicht um die perfekte Excel-Tabelle mit 50 Metriken. Es geht um Übersicht, Relevanz und Handlungsfähigkeit. Ein paar zentrale Kennzahlen reichen oft aus, um zu erkennen, ob dein Marketing auf Kurs ist. Je nach Zielstellung, z.B. Reichweite aufbauen, Leads generieren, Kunden halten, unterscheiden sich die KPIs. Aber das Prinzip bleibt gleich: Nur was gemessen wird, kann auch verbessert werden.
Wenn du dich auf das Wesentliche konzentrierst, klare Ziele definierst und deine Kennzahlen regelmäßig prüfst, wird Marketing von der Blackbox zum Steuerungsinstrument. Und genau darum geht es: Kontrolle gewinnen, ohne dich zu verlieren.